Zu sehen ist ein Detailfoto eines Schildes an der sanierungsbedürftigen alten Reithalle Hannover.
Zu sehen ist ein Detailfoto eines Schildes an der sanierungsbedürftigen alten Reithalle Hannover.

Die Alte Reithalle Hannover

Historisch modern

Jahrelang stand sie leer. Ungenutzt und fast verfallen. Die alte Reithalle Hannover. Ein historisches Gebäude des königlichen Militär-Reitinstituts zu Hannover.

Illustration des Autors Birgit Kolde

Teil eines Ensembles von Stallungen und Reithallen zwischen Dragoner- und Husarenstraße. Für mehr als 400 Pferde. 1998 entschloss sich steindesign, die eine Hälfte des Objektes zu kaufen. Als zukünftiges Zuhause der steindesign Werbeagentur Hannover GmbH.

Vorstellungskraft zählt

„Wir waren auf der Suche nach einer ungewöhnlichen Location, um etwas ganz Eigenes zu machen“, erinnert sich Geschäftsführer Andreas Stein. „Das gestaltete sich schwierig, denn Objekte in dieser Größe wachsen eben nicht auf dem Baum. Dann bekamen wir den Tipp Andreas Jamusch anzusprechen. Der hatte die Alte Reithalle von der Stadt gekauft und plante ein Theater im hinteren Teil. Ich war von der Idee begeistert, den vorderen Teil zu übernehmen. Im Wesentlichen haben mich alle für völlig bescheuert gehalten. Die Reithalle damals war gelinde gesagt wirklich Schrott. Da brauchte man schon sehr viel Phantasie sich etwas Modernes, Anderes vorzustellen.“

Wer kann behutsam sanieren?

Dann wurde etwa ein Jahr lang intensiv geplant und verhandelt. Das Hauptproblem waren vor allem die Wünsche der Politik zur Nutzung. „Mit viel Verhandlungsgeschick schafften wir es, dass alle Parteien dem Konzept der Architekten Faudt und Hassels zustimmten“, erzählt Andreas Stein. Doch das Objekt Reithalle entpuppte sich als bautechnisch extrem diffizil. „Tatsächlich fanden wir im Nahbereich keine Baufirma, die sich an den behutsamen Umbau des historischen Gebäudes herangetraut hätte“. Im Endeffekt übernahm eine überregional tätige, sehr erfahrene Baufirma den Rohbau. 1999 gab’s dann den Startschuss. Mit Andreas Stein als Bauleiter vor Ort.

Nah am Wasser gebaut

Dann wurde es extrem spannend. Und kostenintensiv. Denn immer wieder tauchten unerwartete Hindernisse und Schwierigkeiten auf. „Wir hatten beispielsweise einen Geologen beauftragt, die Bodensubstanz und das Grundwasser zu checken“, erinnert sich Andreas Stein. „Wir wollten wissen: Können wir einen Keller bauen? Und wie müssen wir die Böschungssituation gestalten, damit uns die Wände beim Umbau nicht in den Keller rutschen? Der Geologe hat 8-10 m Bohrungen gemacht, alles toll berechnet ’ne Riesenrechnung geschrieben. Und dann stand zu Beginn der Bauarbeiten plötzlich der Bagger im Wasser. Bei 1,50 m Tiefe.“ Es stellte sich heraus, dass der Geologe vergessen hatte an den offiziellen Messstellen zu überprüfen, was passiert, wenn in Hannover Hochwasser ist. Dann steigt das Grundwasser enorm hoch. „Wir waren also gezwungen den Keller deutlich zu verkleinern und mussten eine weiße Wanne bauen“, so Andreas Stein. „Die durfte aber während der Bauphase nicht auftreiben. Sonst wäre die Reithalle zusammengebrochen. Also mussten wir auch noch aufwändig das Grundwasser absenken. Sonst hätten wir gar nicht bauen können.“

70 Tonnen Gestein weggebrochen

Ursprünglich stand die Reithalle flach auf dem Boden. Ohne Fundament. Zur Stabilisierung wurden sämtliche Pfeilervorlagen unterbuddelt und mit Beton gefüllt. Eine schwierige Sache, die aber gut klappte. Bis auf die rechte hintere Ecke. „Es war ein bisschen wie im Film ‚Ice Age’ beschreibt Andreas Stein den entscheidenden Moment. „Plötzlich entstanden Risse, die sich merklich und sichtbar nach oben ausbreiteten. Dann wurde der Bauleiter hektisch. Ließ die Baustelle und den angrenzenden Spielplatz räumen.“ Etwas später zertrümmerten dann 70 Tonnen Gestein alles in der näheren Umgebung. Und in der Reithalle fehlte eine große Ecke. Sämtliche Steine wurden einzeln aufgesammelt, schön saubergemacht und wieder neu aufgebaut.

Ein Ort der Inspiration

Die Reithalle bringt eine unglaubliche Historie mit. Seit 1876. Die kann man spüren und atmen. Und sie hat mit dem Umbau eine schöne Kombination zur Moderne erhalten. Mittlerweile steht sie unter Denkmalschutz „Alles, was historisch rettbar und erhaltenswert war, haben wir bewahrt“, fasst Andreas Stein zusammen. „Von außen ist die Reithalle ein ehrwürdiges aber auch zurückhaltendes Gebäude. Es drängt sich nicht auf, spielt sich nicht in den Vordergrund. Es ist einfach da. Mit wenig Schmuck, denn es war ja ein Zweckgebäude. Sobald du reinkommst, wird es superinteressant. Den Innenausbau hat unser Messebauer gemacht. Passend für unsere Nutzungswünsche. Alle Regale, Tische, Bibliotheksmöbel, Besprechungstische, Sichttrenner sind Eigenanfertigungen. Was mich nach wie vor begeistert ist die Offenheit, Transparenz und Kommunikationsfähigkeit im Gebäude. Es ist ein großes Miteinander über die Etagen hinweg. Ein großes Lebens- und Arbeitsumfeld, in dem Menschen Bock darauf haben, sich gegenseitig zu inspirieren und gemeinsam etwas zu schaffen. Das Gebäude sagt dir, wie du zu arbeiten hast. Es stellt genau die Art von Zusammenarbeit dar, die eine Agentur braucht. Wir brauchen Teamwork und Gemeinschaftsprodukte aus mehreren Disziplinen. Jeder hat dazu etwas beizutragen. Das ist die Stärke dieses baulichen Konzeptes.“

Das cavallo königliche reithalle

Mittlerweile gehört auch der hintere Bereich, das cavallo königliche reithalle, zu steindesign. Die exklusive Eventlocation umfasst einen hochherrschaftlichen Saal im Loft-Stil von etwa 300 m2 mit einer Deckenhöhe von über 13 m. Zusätzlich ist eine 70 m2 große, offene Galerie beispielsweise als Lounge, Rückzugsmöglichkeit bei Tanzveranstaltungen oder für technisches Equipment nutzbar. Vorhanden sind außerdem zwei Bars. Mit Zelten lässt sich die Nutzfläche auf der großzügigen Terrasse erweitern. Insgesamt stehen dann ca. 1.000 m2 zur Verfügung.